Im Februar 2022 hat das Schweizer Stimmvolk gesprochen – und zwar deutlich. 54,6 Prozent sagten Nein zum Medienförderungs-Gesetz der damaligen Bundesrätin Simonetta Sommaruga.
Die Botschaft war unmissverständlich: Keine Subventionen für private Medienkonzerne, keine versteckte Staatsnähe, keine Giesskanne für die grossen Verlagshäuser.
Und doch: Nur zwei Jahre später liegt praktisch dasselbe Paket erneut auf dem Tisch. In drei Teilen, leise, gut verpackt – und ohne erneute Volksabstimmung.
In der Frühlingssession dieses Jahres brachte Mitte-Nationalrätin Christine Bulliard-Marbach eine parlamentarische Initiative durch, die die bestehende Presseförderung von 50 auf 85 Millionen Franken erhöht.
In der kommenden Sommersession sollen zwei weitere Vorstösse folgen: von Philippe Bauer (FDP) und Isabelle Chassot (Mitte) – beide ebenfalls aus dem Kanton Freiburg.
Gemeinsam sollen diese Initiativen eine erneute Subventionswelle lostreten, verteilt über die Serafe-Gebühr, ergänzt durch staatliche Gelder.
Rund 70 Millionen Franken zusätzlich pro Jahr sind bereits beschlossen oder in der Pipeline.
Macht über 1,4 Milliarden Franken über den gesamten Förderzeitraum.
Kurioserweise – oder symbolträchtig – stammen alle Initiativen von Politikern und Politikerinnen aus dem selben Kanton.
Auf konkrete Anfragen zu den Beweggründen ihrer Vorstösse haben weder Bulliard-Marbach noch Chassot reagiert. Eine demokratiepolitische Debatte? Offenbar nicht vorgesehen.
Denn die Erfahrung von 2022 sitzt tief: Damals war es Bruno Hug, Verleger von lokalinfo.ch und Präsident des Verbands Schweizer Online-Medien (VSOM), der – in Zusammenarbeit mit dem Autor dieses Artikels und dem Team Freiheit – das Medienpaket erfolgreich bekämpfte.
Auch jetzt meldete er sich wieder zu Wort – mit einem Brandbrief an alle 246 Parlamentarier. Darin die offene Warnung: „Muss wieder das Referendum ergriffen werden?“
Diese Drohung wollte man offenbar entschärfen – möglichst diskret. Peter Wanner, Patron von CH Media und einer der grössten Profiteure der geplanten Fördergelder, wurde persönlich aktiv.
Gemeinsam mit einer Delegation des Verbands Schweizer Medien (VSM) suchte er das Gespräch mit Hug – nicht aus Dialogfreude, sondern mit einem klaren Ziel: den Widerstand frühzeitig abzuwenden.
Wanner legte Hug ein offizielles Schreiben des VSM vor, unterzeichnet am 29. März. Darin verpflichtet sich der Verband, künftig eine Medienförderung mitzutragen, in der „keine Segmente mehr ausgeschlossen“ würden.
Medienvielfalt solle gefördert, nicht nur grosse Verlagshäuser „mit Geld überschüttet“ werden, wie Hug es formulierte.
Doch die Realität hinter dem Papier: Die drei grössten Verlagshäuser, die TX Group, NZZ und Ringier, standen explizit nicht hinter der Erklärung. Die medienpolitische Einheitsfront – eine Illusion.
Der Versuch, den Referendumsführer ruhigzustellen, wirkte wie ein hilfloses Manöver, um eine erneute Volksabstimmung zu verhindern.
Wanners Interesse ist leicht zu erklären: Mit seinem Netzwerk aus Lokalzeitungen, Radios und Regional-TV-Sendern ist CH Media perfekt aufgestellt, um aus allen Fördertöpfen zu schöpfen.
Nach Recherchen von „Blick“ könnten es über 30 Millionen Franken pro Jahr werden – was CH Media als „deutlich zu hoch“ zurückweist.
Offiziell spricht der Konzern von unter 20 Millionen, doch selbst das wäre ein satter Anteil an öffentlichen Geldern für ein privatwirtschaftliches Medienunternehmen.
Dass nun schon von einer „Lex Wanner“ die Rede ist, überrascht wenig. Noch weniger, dass Wanner versuchte, Hug zum Rückzug von einem möglichen Referendum zu bewegen.
Denn ein zweiter Urnengang könnte das Subventionsprojekt erneut zum Einsturz bringen – und diesmal endgültig.
Die parlamentarischen Initiativen zur Medienförderung sind mehr als fragwürdig. Sie sind ein klarer Bruch mit dem Volkswillen.
Dass sie unter dem Radar des öffentlichen Diskurses durchgesetzt werden sollen, zeigt, wie wenig Vertrauen Politik und Branche der Bevölkerung zutrauen.
Stattdessen wird hinter verschlossenen Türen verhandelt, aufgeteilt, getrickst.
Es ist eine Entwicklung, die doppelt gefährlich ist: für die Glaubwürdigkeit der Medien – und für das Vertrauen in die politischen Institutionen.
Die vierte Gewalt darf nicht zur vierten Säule des Bundeshaushalts werden. Denn wer zahlt, der befiehlt irgendwann auch.